IfT Interview mit Personalleiterin Anika Kretschmar

Die Glinicke Automobilgruppe gewann im Januar 2025 als Branchensieger der Autohändler den 1. Platz im „Deutschland-Test“. Das Institut für Talententwicklung (IfT) hat nachgefragt, was die Ausbildung bei Glinicke auszeichnet.

Die Deutschen und ihre Autos, das war schon immer eine Liebesgeschichte – und man kann sagen, Glinicke ist fast von Anfang an dabei. Als das Autohaus 1930 gegründet wurde, war das erste Auto der Welt, von Carl Benz in Mannheim, gerade 45 Jahre alt, Audi stand erst zwanzig Jahre im Handelsregister und Porsche oder VW gab es noch gar nicht. Seit damals kann man bei Glinicke Autos kaufen und in die Werkstatt bringen, heute an 34 Standorten in vier Bundesländern mit etwa 2.200 Mitarbeitenden – und das Unternehmen ist weiter auf Wachstumskurs.

Wir sind im Gespräch mit Anika Kretschmar, Personalleiterin der Glinicke Gruppe.


IfT: Glinicke hat einen festen Platz in den Top-20 der größten Autohäuser Deutschlands – ist aber immer ein Familienunternehmen geblieben. Geht es bei Ihnen trotz der Größe auch familiär zu?

Anika Kretschmar: Das ist eine ganz spannende Frage, die wir – wie Sie sich sicher vorstellen können – auch immer wieder gestellt bekommen. Ich kann sie aber nach meiner mittlerweile neunjährigen Tätigkeit voller Überzeugung mit „Ja“ beantworten. Gerne nenne ich Ihnen zwei, drei Beispiele: Die Glinicke-Gruppe ist 1930 gegründet worden und wird mittlerweile in der dritten Generation geführt. Florian Glinicke hat von seinem Vater und seinem Großvater die Verantwortung für die Glinicke-Unternehmensgruppe übernommen. Wie er selbst sagt, steht auch sein fünfzehnjähriger Sohn schon in den Startlöchern und hat ein großes Interesse an Automobilen. Glinicke ist also definitiv ein Familienunternehmen! Das eine ist die Frage der Menschen, der Familie. Aber ich finde auch die Frage wichtig: Spürt man das Familiäre in unserem Leitbild, unserer Unternehmenskultur – also darin, wie wir miteinander umgehen? Es ist spannend zu sehen, was unsere Mitarbeitenden dazu sagen. Bei uns finden zahlreiche Veranstaltungen statt, etwa unser „Willkommen in der Glinicke-Familie“-Tag, für den wir zwei- bis dreimal im Jahr alle neuen Mitarbeitenden zu unserem Hauptsitz nach Kassel einladen. Dort haben sie die Möglichkeit, die komplette Unternehmensleitung, aber auch die Familie Glinicke kennenzulernen. So können sie in Erfahrung bringen, was sich hinter dem Namen „Glinicke“ verbirgt. Die Veranstaltung findet sehr großen Anklang und das Feedback, das wir von den Kolleg*innen bekommen, ist durchweg positiv.
 

„Bei uns steht der Mensch im Vordergrund.“
 

IfT: Als großes Autohaus mit Werkstatt kann ich bei Ihnen eine ganze Reihe von Ausbildungen machen, von der Kfz-Mechatronik über die Lagerlogistik bis hin zum Büromanagement oder der Mediengestaltung – und natürlich nicht zu vergessen die Automobilkaufleute. Das machen Sie offensichtlich sehr gut: Glinicke wurde jüngst im „Deutschland Test“ zum Arbeitgeber des Jahres mit den Punkten Ausbildung, Karriere und Work-Life-Balance gewählt, 2022 gab es Platz 1 beim Ausbildungspreis der HWK Kassel. Was macht die Ausbildung bei Glinicke so besonders? Was bieten Sie ihren Azubis?

Kretschmar: Diese Frage müsste man eigentlich unseren Azubi-Botschaftern stellen (lacht). Sie sind auf den vocatium-Messen die ersten Ansprechpartner*innen für die Schüler*innen. Wie wir kürzlich bei einem digitalen Elternabend, der deutschlandweit Eltern und Familien über unsere Ausbildung informiert hat, gesagt haben: Bei uns steht der Mensch im Vordergrund. Und das insbesondere bei der Ausbildung! Neben den Kenntnissen und Fertigkeiten, die die jungen Talente in unserer Ausbildung erlernen, ist uns auch wichtig, sie in persönlicher Hinsicht weiterzuentwickeln. Deswegen besteht unsere Ausbildung aus drei Säulen, wir nennen das „Ausbildung 2.0“. Die erste Säule „P“ bezeichnet die persönliche Weiterentwicklung. Hierbei handelt sich beispielsweise um Weiterbildungen zu den Themen Selbstvertrauen und sicheres Auftreten, aber auch um Fragen wie zum Beispiel „Wie gehe ich in eine Kundenbeziehung?“, „Was ist mir in einer Kommunikation wichtig?“ oder auch „Wie gehe ich damit um, wenn es Konflikte gibt?“. Die zweite Säule „S“ widmet sich dem Thema der sozialen Transparenz. Wir fördern Azubis, die sich in sozialen Projekten engagieren – sei es in Nachhaltigkeitsprojekten oder bei der Freiwilligen Feuerwehr. Die dritte Säule „L“ beschäftigt sich mit dem Thema Leistung. Hier geht es darum, dass die Azubis sowohl schulisch als auch praktisch gute Leistungen erbringen. Im Umkehrschluss ist es uns ein wichtiges Anliegen, dass wir auch unsere Ausbilder*innen immer wieder schulen, um ihnen die beste Leistung bei der Ausbildung der Azubis zu ermöglichen.

Die Azubis können für besondere Erfolge, etwa wenn sie an Seminaren teilgenommen haben, wenn sie sich sozial engagieren oder wenn sie gute Leistungen erbringen, sogenannte „Glinicke-Stars“ erwerben. Ab einer gewissen Anzahl kann man diese einlösen. Der größte Preis ist eine Fahrt auf der Rennstrecke vom Bilster Berg. Dort machen wir dann ein gemeinsames Azubi-Event.
 

„Ausbildung ist immer ein Geben und ein Nehmen.“
 

IfT: Ich nehme an, das wird ganz gut angenommen, das klingt nach Spaß!

Kretschmar: Definitiv! Aber es fördert die jungen Menschen auch – und das ist mir persönlich sehr wichtig. Ausbildung ist immer ein Geben und ein Nehmen. Wenn wir merken, dass junge Leute engagiert sind, möchte ich ihn oder sie gerne fördern.

IfT: Sie haben seit einiger Zeit auch einen Weiterbildungscampus. Was hat es damit auf sich?

Kretschmar: Wir haben im Sommer 2023 den Glinicke-Campus implementiert. Das Spannende an diesem Konzept ist, dass unsere Mitarbeitenden, egal ob Auszubildender oder Geschäftsführer, im Rahmen ihrer jährlichen Mitarbeitergespräche ihre Weiterbildungswünsche äußern können. Anhand dieser Rückmeldungen konzipieren mein Personalteam und ich die Weiterbildungsbedarfe und -angebote, die wir auf dem Campus anbieten. Natürlich bringen wir auch Themen in den Campus ein, die wir für wichtig erachten. Aktuell ist das zum Beispiel das Thema KI, das wir explizit im Weiterbildungscampus schulen. Außerdem gibt es einen eigenen Bereich auf unserem Glinicke-Campus, der sich um das Thema Ausbildung dreht. Hier haben Auszubildende die Möglichkeit, Seminare zu buchen. Derzeit sind acht Seminare im Angebot. Wie Sie merken, fußt unser Glinicke-Campus auf der Säule „P“ für persönliche Weiterentwicklung.

IfT: Was sind das dann für Weiterbildungsthemen?

Kretschmar: Auf unserem Campus behandeln wir z.B. das Thema „Fit und gesund in der Ausbildung“. Dort geht es unter anderem um die psychische Belastung in der Ausbildung. Wie gehe ich zum Beispiel mit Prüfungsängsten um – oder ganz allgemein damit, wenn mich etwas belastet? Außerdem gibt es bei uns die Themen „Kommunikationstraining“, „Telefontraining“ und „Konflikttraining“. Wir haben aber auch einen Azubi-Botschafter, der junge Menschen ausbildet, die Interesse daran haben, uns auf Messen und anderen Veranstaltungen zu repräsentieren. Zudem gibt es einen Extrabereich zum Thema „Gesundheit“. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Ernährung. Unsere Azubis können sich auch zu Ersthelfer*innen ausbilden lassen – ein ganz wichtiger Aspekt für junge Menschen, die damit den ersten Baustein für ihren Führerschein erwerben.

IfT: Bei dem Stichwort „Schwierigkeiten“ fällt mir noch ein anderer Aspekt ein, das EAP – können Sie uns das noch kurz erläutern?

Kretschmar: EAP ist die Abkürzung für „Employee Assistance Program“ – auf Deutsch das „Mitarbeiterunterstützungsprogramm“. Dieses Programm steht allen unseren Mitarbeitenden offen. Es bietet ihnen die Möglichkeit, sich mit Fragen, die als Herausforderung auf sie treffen können, an eine externe Firma zu wenden. Sei es, wenn finanzielle Schwierigkeiten auftreten, sei es bei Herausforderungen in der Pflege von Angehörigen oder sei es, wenn psychischen Belastungen in Familie, Ehe und Kindererziehung auftreten. Dort bietet der Anbieter die Möglichkeit, sich kostenlos und zu einhundert Prozent anonym an die Kolleg*innen zu wenden. Deren Team besteht aus Therapeuten, Psychologen, Rechtsanwälten und Bankfachwirten, die bei den unterschiedlichsten Problemstellungen Unterstützung leisten können.
 

„Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung sind auch für uns zentrale Bestandteile der Unternehmensstrategie.“
 

IfT: Neben einer guten Ausbildung an sich sind für viele junge Menschen heute auch die Themen Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung sehr wichtig – nicht zuletzt auch vom Arbeitgeber, wie Studien immer wieder belegen. Welche Rolle spielt das Thema bei Ihnen im Haus?

Kretschmar: Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung sind auch für uns zentrale Bestandteile der Unternehmensstrategie. Wir übernehmen als Familienunternehmen die Verantwortung für kommende Generationen und setzen uns aktiv für nachhaltige Ziele ein. Ein wichtiger Schritt für uns ist das Transformationskonzept, das darauf abzielt, unsere Treibhausgasemissionen langfristig zu reduzieren. Dazu gehören Maßnahmen wie die Ausstattung unserer Autohäuser mit Photovoltaikanlagen, eine ressourcenschonende Arbeitsweise sowie die Optimierung unseres Wasserverbrauchs. Zudem bauen wir unser Portfolio an Elektro- und Hybridfahrzeugen weiter aus, um im Allgemeinen den CO₂-Ausstoß des Unternehmens zu senken und nachhaltige Mobilitätslösungen zu fördern. Bereits seit 2018 setzen wir konsequent auf den Ausbau einer leistungsstarken Ladeinfrastruktur. Durch diese Integration verschiedener Ladetechnologien haben wir eine zukunftssichere und effiziente Lösung für unsere Kunden, aber auch für unsere Mitarbeitenden und natürlich für unseren eigenen Fahrzeugbestand geschaffen. Wir verfügen aktuell über 79 Ladestationen mit 188 Ladepunkten. Dies beinhaltet sowohl AC- als auch DC-Lademöglichkeiten. Und wenn man sich die technische Ausstattung anschaut, gibt es Ladeanforderungen von 11 kW, denen wir gerecht werden können, bis hin zu 350 kW.

Was auch noch wichtig ist: Die Hälfte unserer Vorführwagen ist mittlerweile vollelektrisch oder plug-in-hybrid. Und ein Aspekt, den ich definitiv noch erwähnen möchte, ist, dass wir unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, ihre Fahrzeuge mit einer App zu einem vergünstigten Mitarbeitertarif an unseren Autohäusern zu laden.

IfT: Stichwort Mitarbeitende: Wie holen Sie bei all dem die Azubis mit an Bord?

Kretschmar: Wie eingangs bereits erwähnt, findet zum Auftakt einer jeden Azubi-Zeit bei uns im Hause Glinicke eine Azubi-Auftaktveranstaltung statt, bei der ich alle Azubis hier nach Kassel einlade und sie sich kennenlernen. In den letzten zwei Jahren haben wir jeweils über einhundert Azubis eingestellt – da ist sehr viel los! Es ist wichtig für mich, dass wir den jungen Menschen auf dieser Veranstaltung Raum und Zeit zum Netzwerken und Kennenlernen geben. In der restlichen Zeit lernen sie unsere Firmenphilosophie „3 V“ kennen – verantwortlich, verbindlich, vertrauenswürdig. In unsere Philosophie binden wir auch das Thema Nachhaltigkeit ein. So hat jede Azubi-Auftaktveranstaltung ein Nachhaltigkeitsprojekt. Bei der vorletzten Veranstaltung haben wir Bäume gepflanzt: Jeder Azubi hat von uns einen Baum bekommen, den er oder sie an dem Autohaus oder an der Arbeitsstätte eingepflanzt hat. Im letzten Jahr haben wir zusammen mit dem Nabu – wir suchen uns immer einen Partner, den wir unterstützen können – Nistkästen gebaut. Diese können dann an die Bäume, wenn sie herangewachsen sind, angebracht werden. Wie man sieht, spielt das Thema Nachhaltigkeit für die jungen Menschen bei uns eine große Rolle.


„Wir möchten unsere neuen Kolleg*innen nicht nur fachlich ausbilden, sondern sehr frühzeitig ermutigen, Verantwortung zu übernehmen“
 

So ist es uns auch wichtig, dass wir in Zusammenarbeit mit der IHK Kassel-Marburg und der IHK Erfurt unsere Azubis zu Energiescouts ausbilden. Hier lernen unsere Auszubildenden, wie sie Energieeinsparpotenziale erkennen können, wie sie konkrete Maßnahmen daraus ableiten und somit auch die Verbesserung der Nachhaltigkeit in unserem Unternehmen entwickeln können. Bei der Ausbildung zu den Energiescouts geht es nicht nur um theoretisches Wissen, sondern vor allem um praxisnahe Lösungen, die wir direkt umsetzen können, sodass man merkt: Ich habe ein Projekt, ich habe es begonnen, und ich kann es auch erfolgreich realisieren. Und so möchten wir unsere neuen Kolleg*innen nicht nur fachlich ausbilden, sondern sehr frühzeitig ermutigen, Verantwortung zu übernehmen, um aktiv an einer nachhaltigen Zukunft mitzuwirken.

IfT: Sie haben sich darüber hinaus noch zu einem für ein Autohaus auf den ersten Blick eher ungewöhnlichen Schritt entschlossen, Stichwort „G-Motion“. Was hat es damit auf sich?

Kretschmar: Mit G-Motion haben wir einen sehr innovativen Weg eingeschlagen, der über das klassische Autohausgeschäft hinausgeht. Wir haben früh erkannt, dass das Fahrrad – das „Bike“, wie man es ja jetzt nennt – mehr als nur ein Fortbewegungsmittel ist. Es ist für viele Menschen auch ein Statement für nachhaltige, flexible und gesundheitsbewusste Mobilität. Und da wir in der Glinicke-Familie der Mobilitätsanbieter sein möchten, war es uns wichtig, auch dieses Segment aufzubauen. Denn mit
G-Motion bieten wir nicht nur eine breite Auswahl führender Fahrradmarken. Was uns vielleicht im Unterschied zu anderen Fahrradhändlern besonders macht, ist, dass Sie bei uns mithilfe eines Body-Scans eine dreidimensionale Körperanalyse durchführen können, um so wirklich das beste – auch unter Gesundheitsgesichtspunkten –, für Sie persönlich angepasste Fahrrad zu finden.


„Wir wollen die Ausbildung attraktiver machen, damit die jungen Menschen sie auch wirklich als Einstieg in ihr Berufsleben sehen.“
 

IfT: Neben Dingen wie der Umweltverantwortung ist natürlich für quasi alle jungen Menschen die Frage nach den Karriereaussichten von großer Bedeutung. Da sind Fort- und Weiterbildungen ein Thema, aber auch allgemein die betrieblichen Aufstiegschancen. Welche Perspektiven habe ich hier?

Kretschmar: Ich glaube, Sie haben allein schon durch das Programm „Ausbildung 2.0“ feststellen können: Wir wollen die Ausbildung attraktiver machen, damit die jungen Menschen sie auch wirklich als Einstieg in ihr Berufsleben sehen. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung, bieten wir diverse Entwicklungsmöglichkeiten an – sowohl im fachlichen als auch im persönlichen Bereich. Wir haben mit Blick auf die persönliche Weiterentwicklung diverse Angebote auf unserem Campus, bis hin zu unserem eigenen Talentpool, bei dem wir unsere zukünftigen Führungskräfte intern in einem zwölfmonatigen Programm intensiv ausbilden. Des Weiteren bieten die Hersteller Schulungen an, mit denen man sich in vielen Bereichen zertifizieren lassen kann: etwa zum zertifizierten Serviceberater oder zum zertifizierten Verkaufsleiter. Auch gibt es im Automobilhandel die Möglichkeit, an einer privaten Hochschule – der BFC in Northeim – den Betriebswirt im Kfz-Gewerbe zu absolvieren, was für viele unserer Azubis ein wichtiger Karriereschritt ist. Ich kenne viele Kolleg*innen, die mit der Ausbildung begonnen haben und mittlerweile bei uns im Unternehmen ein Team leiten und Führungsverantwortung tragen.

IfT: Dann erlauben Sie mir vielleicht zum Schluss noch eine letzte Frage: Welches Auto fahren Sie denn persönlich – oder welches Auto würden Sie gerne fahren?

Kretschmar: Ich persönlich fahre einen Škoda Kodiaq. Das ist aktuell das Auto, das sowohl meine beruflichen Belange – also sicher zu einzelnen Autohäusern zu kommen – als auch meine privaten Anliegen am besten integriert. Ich habe selbst einen sechzehnjährigen Sohn, der begeisterter Sportler ist, deshalb fahren gern auch mal Teile seiner Mannschaft im Auto mit.

IfT: Vielen Dank für das Interview!